Flying Carpet Shop
Judith Kisner + M. Flores Unger
8. – 10.12.2023
In Judith Kisners Malereien und Zeichnungen findet sich ein linguistischer, verbaler Aspekt (manche würden von einem „konzeptuellen Ansatz“ sprechen) – ein latenter Dialog findet statt, ein Drama das nicht auf das rein Narrative beschränkt ist. Der verbale Aspekt in den Bildern hat etwas mit magischer Sprache zu tun, eine Form von performativer Sprache, mit Segen und Flüchen.
Angesichts von ‚Flying Carpet Shop‘ oder ‚Losing Your Marbles‘ kann man wahrscheinlich die Pinselstriche, die Linien und Farbformen im Bild zählen. Dafür braucht man keine besonders große Geduld, es scheint nicht allzu viele zu geben. Eine „handhabbare“ Zahl ist hier sinnvoll, nicht merkwürdiges wie 0,08988 oder 6,72×10⁹, sondern die „magisch oder heilig genannte Zahlen: 3, 4, 5, 7, 9, 11, 13, 20, etc.“, häufig zu finden, wenn ein gesprochener oder mechanischer magischer Ritus vollzogen wird, wie Marcel Mauss in General Theory of Magic bemerkt.
In vielen Sprachen besteht eine Verbindung zwischen dem Akt des Zählens und dem Erzählen einer Geschichte. Im Spanischen beispielsweise bedeutet das Verb contar sowohl „zählen“ als auch „erzählen“ (das Wort für Kurzgeschichte, cuento, hat dieselbe Wurzel). Aus anderen Gründen gibt es im Deutschen eine ähnliche Verbindung zwischen den Wörtern zählen, erzählen, Erzählung. Und im Englischen wird eine Geschichte recounted oder wir geben einen Bericht, einen account von Ereignissen, die stattgefunden haben. In den Werken von Judith Kisner rückt die Verbindung von Zählen und Erzählen in den Vordergrund.
Für die Ausstellung Flying Carpet Shop im Künstler*innenhaus FRISE tritt Judith Kisner in einen Dialog mit Marvin Flores Unger. In seiner künstlerischen Praxis dekonstruiert Marvin Flores Unger industrielle Prozesse und Fortschrittsnarrative und projiziert in seinen Projekten ein alternatives Dasein, das sich in räumlichen Arbeiten darstellt.
Text: Domingo Martinez Rippes
Mit freundlicher Unterstützung der Behörde für Kunst und Kultur Hamburg